Börsegeschichte Gregor Rosinger: Woran ich mich nicht gehalten habe ... (BörseGeschichte)

Bild: © Martina Draper/photaq, Gregor Rosinger (Rosinger Group) #photaqseries http://photaq.com/series

Börsegeschichte Gregor Rosinger: Ich kann mich noch gut an 1991 erinnern, als der ATX das erste Mal notierte. Sowohl die Börsenbriefe als auch die Tageszeitungen hatten den Indexstart angekündigt und den ATX als großen Meilenstein für die Entwicklung des Wiener Finanzplatzes gefeiert. Viele der jüngeren Generation werden jetzt erstaunt sein, dass damals fast alle Tageszeitungen über Börsenthemen berichtet hatten, aber es war eine andere Zeit. Nahezu alle großen österreichischen Tageszeitungen verfügten damals über einen teilweise mehrseitigen Kursteil mit in- und ausländischen Aktien, denn es war eine Zeit des grenzenlosen wirtschaftlichen Optimismus, der eiserne Vorhang war gefallen, der Westen hatte über den Kommunismus gesiegt. Überall wurden Fertigungsschritte nach Osteuropa verlagert und der Osten mit den heißbegehrten Konsumprodukten westlicher Marken versorgt.

Österreichische Unternehmen waren dabei die First Mover. Das lag vor allem daran, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung ihre Wurzeln in den Kronländern der Österreichisch-Ungarischen Monarchie hatte, woraus eine genetische und emotionale Verbundenheit mit den ehemaligen Kronländern gegeben war. Schon zur Zeit des Kalten Krieges war Österreich die Drehscheibe zwischen Ost und West gewesen, was natürlich auch damit zu tun hatte, dass viele in Österreich die Ostsprachen beherrschten, insbesondere aus Ungarn und der Tschechoslowakei waren nach der gewaltsamen Niederschlagung der Freiheitsbewegungen 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei sehr gut ausgebildete Menschen nach Österreich geflüchtet. Diese waren sehr leicht integrierbar, weil sie demselben Kulturkreis angehörten.

Ganz Österreich war eine Erfolgsstory. Da musste natürlich ein neuer Index her. Ich war zum Jahreswechsel 1990/91 schon fast sieben Jahre als professioneller Investor erfolgreich auf eigene Rechnung aktiv und hatte mir schon zuvor eine eigene Meinung über den ATX gebildet gehabt, insbesondere über die ersten 17 Indexmembers und deren Erfolgschancen in einem internationalen und kompetitiven Umfeld überleben zu können. Für einige der Indexmembers sah ich keine Überlebenschancen, sie waren rein aufgrund ihrer Marktkapitalisierung in den ATX aufgenommen worden. Obwohl dieser Ansatz auch von anderen Indizes verfolgt wird, sah ich das als einen der beiden Geburtsfehler des ATX, als zweiten Geburtsfehler sah ich, dass der ATX kein Performance-Index war und somit Dividendenausschüttungen in der Performance nicht berücksichtigt werden.

Kurzfristig macht dies zwar keinen Unterschied, langfristig ist der Unterschied aber enorm. Ich beschloss daher damals, dass mich der ATX lebenslang nicht interessieren wird und ich die Performance meines eigenen Portfolios niemals mit dem ATX vergleichen werde. Daran habe ich mich selbstverständlich nicht gehalten, denn jedes Jahr – und ich hatte seit dem Beginn meiner Karriere als professioneller Investor 1985 kein einziges Verlustjahr - freute ich mich wie ein Schneekönig, dass ich wieder den ATX haushoch geschlagen hatte.

Kennern der Börsenszene ist natürlich bekannt, dass der von mir administrierte Rosinger Index (ROSGIX), der täglich von der Wiener Börse berechnet und veröffentlicht wird, seit 2015 um rund 190 Prozent zugelegt hat und dass der ROSGIX auch 2020 deutlich im Plus liegt. Längst liegt der ROSGIX in absoluten Indexpunkten deutlich über dem ATX. Über das Chart-Tool der Wiener Börse kann der ROSGIX mit dem ATX verglichen werden - objektiv betrachtet wäre das ein Desaster für den ATX und man müsste annehmen, dass ich mir dieses „Freuen wie ein Schneekönig-Gefühl“ jeden Tag gönnen würde.

Dem ist aber nicht so, denn inzwischen ist mir der ATX wichtig geworden und ich betrachte ihn immer mehr wie einen kleinen Bruder. Ab und zu spiele ich sogar schon mit ihm, am liebsten das Spiel „Long-Put“, darüber freut sich dann immer mein Bankkonto.

Rosinger Group. Gregor Rosinger tätigte seine ersten namhaften Investments bereits 1985. Im Jahr 1993 entwickelte er das in der Finanzwelt als „Regionale Mittelstands Sicherung“ bekannte Vorgehensmodell.

Gregor Rosinger ist mit seiner Börsegeschichte Supporter von https://boersegeschichte.at
Sie wollen auch? christian@boerse-social.com

(Der Input von Börse Geschichte für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 31.08.)

Mehr Börsegeschichten: https://christian-drastil.com/blog/boerse.geschichte 

(31.08.2020)


Bildnachweis

1. Gregor Rosinger (Rosinger Group) #photaqseries http://photaq.com/series , (© Martina Draper/photaq)   >> Öffnen auf photaq.com

Gregor Rosinger (Rosinger Group) #photaqseries http://photaq.com/series, (© Martina Draper/photaq)



Börsegeschichte Gregor Rosinger: Ich kann mich noch gut an 1991 erinnern, als der ATX das erste Mal notierte. Sowohl die Börsenbriefe als auch die Tageszeitungen hatten den Indexstart angekündigt und den ATX als großen Meilenstein für die Entwicklung des Wiener Finanzplatzes gefeiert. Viele der jüngeren Generation werden jetzt erstaunt sein, dass damals fast alle Tageszeitungen über Börsenthemen berichtet hatten, aber es war eine andere Zeit. Nahezu alle großen österreichischen Tageszeitungen verfügten damals über einen teilweise mehrseitigen Kursteil mit in- und ausländischen Aktien, denn es war eine Zeit des grenzenlosen wirtschaftlichen Optimismus, der eiserne Vorhang war gefallen, der Westen hatte über den Kommunismus gesiegt. Überall wurden Fertigungsschritte nach Osteuropa verlagert und der Osten mit den heißbegehrten Konsumprodukten westlicher Marken versorgt.

Österreichische Unternehmen waren dabei die First Mover. Das lag vor allem daran, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung ihre Wurzeln in den Kronländern der Österreichisch-Ungarischen Monarchie hatte, woraus eine genetische und emotionale Verbundenheit mit den ehemaligen Kronländern gegeben war. Schon zur Zeit des Kalten Krieges war Österreich die Drehscheibe zwischen Ost und West gewesen, was natürlich auch damit zu tun hatte, dass viele in Österreich die Ostsprachen beherrschten, insbesondere aus Ungarn und der Tschechoslowakei waren nach der gewaltsamen Niederschlagung der Freiheitsbewegungen 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei sehr gut ausgebildete Menschen nach Österreich geflüchtet. Diese waren sehr leicht integrierbar, weil sie demselben Kulturkreis angehörten.

Ganz Österreich war eine Erfolgsstory. Da musste natürlich ein neuer Index her. Ich war zum Jahreswechsel 1990/91 schon fast sieben Jahre als professioneller Investor erfolgreich auf eigene Rechnung aktiv und hatte mir schon zuvor eine eigene Meinung über den ATX gebildet gehabt, insbesondere über die ersten 17 Indexmembers und deren Erfolgschancen in einem internationalen und kompetitiven Umfeld überleben zu können. Für einige der Indexmembers sah ich keine Überlebenschancen, sie waren rein aufgrund ihrer Marktkapitalisierung in den ATX aufgenommen worden. Obwohl dieser Ansatz auch von anderen Indizes verfolgt wird, sah ich das als einen der beiden Geburtsfehler des ATX, als zweiten Geburtsfehler sah ich, dass der ATX kein Performance-Index war und somit Dividendenausschüttungen in der Performance nicht berücksichtigt werden.

Kurzfristig macht dies zwar keinen Unterschied, langfristig ist der Unterschied aber enorm. Ich beschloss daher damals, dass mich der ATX lebenslang nicht interessieren wird und ich die Performance meines eigenen Portfolios niemals mit dem ATX vergleichen werde. Daran habe ich mich selbstverständlich nicht gehalten, denn jedes Jahr – und ich hatte seit dem Beginn meiner Karriere als professioneller Investor 1985 kein einziges Verlustjahr - freute ich mich wie ein Schneekönig, dass ich wieder den ATX haushoch geschlagen hatte.

Kennern der Börsenszene ist natürlich bekannt, dass der von mir administrierte Rosinger Index (ROSGIX), der täglich von der Wiener Börse berechnet und veröffentlicht wird, seit 2015 um rund 190 Prozent zugelegt hat und dass der ROSGIX auch 2020 deutlich im Plus liegt. Längst liegt der ROSGIX in absoluten Indexpunkten deutlich über dem ATX. Über das Chart-Tool der Wiener Börse kann der ROSGIX mit dem ATX verglichen werden - objektiv betrachtet wäre das ein Desaster für den ATX und man müsste annehmen, dass ich mir dieses „Freuen wie ein Schneekönig-Gefühl“ jeden Tag gönnen würde.

Dem ist aber nicht so, denn inzwischen ist mir der ATX wichtig geworden und ich betrachte ihn immer mehr wie einen kleinen Bruder. Ab und zu spiele ich sogar schon mit ihm, am liebsten das Spiel „Long-Put“, darüber freut sich dann immer mein Bankkonto.

Rosinger Group. Gregor Rosinger tätigte seine ersten namhaften Investments bereits 1985. Im Jahr 1993 entwickelte er das in der Finanzwelt als „Regionale Mittelstands Sicherung“ bekannte Vorgehensmodell.

Gregor Rosinger ist mit seiner Börsegeschichte Supporter von https://boersegeschichte.at
Sie wollen auch? christian@boerse-social.com

(Der Input von Börse Geschichte für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 31.08.)

Mehr Börsegeschichten: https://christian-drastil.com/blog/boerse.geschichte 

(31.08.2020)


Bildnachweis

1. Gregor Rosinger (Rosinger Group) #photaqseries http://photaq.com/series , (© Martina Draper/photaq)   >> Öffnen auf photaq.com

Gregor Rosinger (Rosinger Group) #photaqseries http://photaq.com/series, (© Martina Draper/photaq)




BörseGeschichte

Mit freundlicher Unterstützung von Rudolf Brenner, Alexander Coenen, Thomas Erkinger, Helmut Fleischmann, Markus Fröhlich, Katrin Gögele-Celeda, Bernhard Grabmayr, Martin Grüll, Peter Heinrich, Margit Hermentin, Ernst Huber, Gerhard Kürner, Susanne Lederer-Pabst, Robert Löw, Wolfgang Matejka, Ludwig Nießen, Wolfgang Praskac, Wilhelm Rasinger, Alexandra Rosinger, Gregor Rosinger, Roland Rupprechter, Stephan Scopetta, Herbert Scherrer, Udo Sutterlüty, Ernst Vejdovszky, Eduard Zehetner.


Aktuelle BörseGeschichte

Dezemeber 2022





Sondernummer "30 Jahre ATX"



Impressum: Börse Social Network 

Site by FC Chladek Drastil GmbH