Margit Hermentin: Börsegeschichten für BoerseGeschichte - Gut betreut bei Gericom, S&T und IIA
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Vorweg: Auch wenn ich meine jetzige Arbeit als Gründerin und Geschäftsführerin der Pflegeagentur gutbetreut.at als Erfüllung und als große Passion sehe, denke ich sehr gerne an meine Zeit als kleines Rädchen am Wiener Finanzmarkt zurück. Ich habe alle meine Chefs sehr geschätzt und konnte von Ihnen jede Menge lernen, was mir auch in meiner jetzigen Tätigkeit sehr hilft.
Heißer Scheiß. Als ich im Jahr 2001 frisch vom Trainee-Programm der Industriellenvereinigung bei meinem ersten börsenotierten Unternehmen, bei Gericom landete, waren viele neidisch auf mich. Gericom war damals der heißeste Scheiß am Wiener Börsenparkett. Ausgerechnet ich wurde damals von Hermann Oberlehner als IR-Beauftragte abgeworben. Er war ein sehr umtriebiger Chef, der operativ Tag und Nacht für sein Unternehmen gearbeitet hat und ständig um die Welt jettete, um die besten Bestandteile für die Gericom-Notebooks zu bekommen.
Auch S&T, mein zweiter börsenotierter Arbeitgeber war damals in aller Munde, ein richtiger Highflyer an der Wiener Börse. Mit meinen Chefs Karl Tantscher, einem richtigen Grandseigneur und später Christian Rosner, waren wir überall in Osteuropa unterwegs. In 15 osteuropäischen Ländern war das Unternehmen tätig, damals herrschte für Investoren aus dem Westen noch so richtige Goldgräberstimmung. Als Head of Corporate Communications & IR gelang es mir auch in der Wiener Börsencommunity ein kleines, feines Netzwerk aufzubauen.
Teil dieses Netzwerks war auch der damalige CEO der Immofinanz Karl Petrikovics, der mich 2006 von S&T abwarb. Kurz nach 7 Uhr Früh rief er an und fragte mich gerade heraus, ob ich die IR bei Immofinanz machen wolle. Immofinanz war damals mega-expansiv unterwegs und hatte einige riesige KEs gemacht, Petrikovics hatte ein richtiges Macher-Image, der Mr. Börse schlechthin. Es folgten Roadshows in Ländern, wo ich zuvor noch nie war, wie nach Australien, Japan, Singapur. Doch je länger ich dabei war, umso schwieriger wurde es für mich, Österreich zu verlassen. Der Grund war meine Großmutter in Waidhofen an der Ybbs, die mich aufgezogen hatte und die zunehmend pflegebedürftig wurde. Ich hatte damals meist drei Koffer im Auto: einen für Roadshows, einen für meine Fahrten zu meiner Großmutter nach Waidhofen und einen für Mailand, mit dem ich zu meiner damaligen Wochenend-Beziehung und jetzigen Mann, einem italienischen Banker, geflogen bin.
Oma und Lehman. Weil ich meine Oma nicht immer in guten Händen wusste und meine Roadshows immer mehr zur Zitterpartie wurden, entstand allmählich der Gedanke, mich in dem Bereich selbst stärker zu engagieren und eine wirklich qualitativ hochstehende Pflegeagentur auf die Beine zu stellen. 2008 kam Lehman und alles wurde auf einmal anders. Die Börsen stürzten ab, Immofinanz stürzte ins Chaos. Ich blieb zwar noch, aber es wurde für mich immer klarer, dass es mich in den Bereich Pflege zieht. Nach dem Tod meiner Oma im Jahr 2010 erkannte ich, dass der soziale Impact und die Sinnhaftigkeit in meinem Tun wichtiger waren als das ewige Profitstreben. Nachdem ich mehr als neun Jahre lang meine Oma gepflegt hatte, wusste ich genau, was es braucht, um den Menschen das Leben zu erleichtern. So ist schließlich gutbetreut.at entstanden. Heute spüre ich, dass ich dort angekommen bin, wo ich instinktiv immer hinwollte. Ich bin Vollblutunternehmerin, wie viele meiner ehemaligen Chefs auch und „on top“ trage ich außerdem soziale Verantwortung. So unterschiedlich die Börse und die Pflege aber sind, die Leidenschaft für den Kapitalmarkt ist mir geblieben. Ich beobachte viele meiner ehemaligen Mitstreiter mit großem Interesse und bewundere sie. Vor allem dann, wenn sie neben dem Profit auch gemeinnützige Ziele verfolgen.
zum Autor
GUTBETREUT.AT Margit Hermentin ist 100% Eigentümer/GF des 24-Stunden-Pflegedienstleisters gutbetreut.at, für den sich bereits ESG-Investoren interessieren.
Aus dem "Börse Social Magazine #43" - 1 Jahr, 12 Augaben, 77 Euro. Ca. 100 Seiten im Monat, ca. 1200 Seiten Print A4
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1.
BSM #43